Antrag
Der Gemeinderat möge beschließen:
Die Verwaltung wird beauftragt, in den Dienststellen und bei den Eigenbetrieben das anonymisierte Bewerbungsverfahren einzuführen.
Begründung:
Eine Studie des Instituts zur Zukunft der Arbeit kam erst kürzlich zu dem Ergebnis, dass Bewerberinnen mit Kopftuch und Migrationshintergrund eindeutig – bewusst oder unbewusst – diskriminiert werden. In einem groß angelegten Feldversuch waren 1.500 fiktive Bewerbungen – einmal mit dem Namen Sandra Bauer und einmal mit dem Namen Meryem Öztürk – an Unternehmen in Deutschland verschickt und dann die Rückmeldungen der Personalabteilungen analysiert worden. Die fiktiven Lebensläufe waren identisch. Sandra Bauer wurde bei diesem Versuch in 18,8 % der Fälle zum Bewerbungsgespräch eingeladen, Meryem Öztürk nur in 13,5 % der Fälle. Im dritten Fall, in dem Meryem Öztürk mit Kopftuch abgebildet war wurde sie nur in 4,2 % der Fälle eingeladen. So müsste sie sich statistisch 4,5-mal häufiger bewerben. Weiterhin nahm die Diskriminierung mit steigendem Qualifikationsniveau zu. Musste sich Meryem Öztürk für eine Stelle als Sekretärin 3,5-mal häufiger bewerben als Sandra Bauer, waren es für eine Stelle als Bilanzbuchhalterin 7,6-mal mehr Bewerbungen für die kopftuchtragende Bewerberin. Auch andere Studien und die Beratungserfahrung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes bestätigen, dass vor allem Menschen mit Migrationshintergrund, ältere Arbeitsuchende und Frauen mit Kindern in Bewerbungsverfahren oft benachteiligt werden und deutlich schlechtere Chancen haben, zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden.
Bereits im Herbst 2012 wurde in Zusammenarbeit mit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes das Mannheimer Pilotprojekt „Anonymisierte Bewerbung bei Azubis“ durchgeführt. Im Jahr 2013 nahm Mannheim an einem entsprechenden Modellprojekt des Integrationsministeriums in Baden-Württemberg teil. Hierbei wurden in 5 verschiedenen Fachbereichen insgesamt 12 Stellenbesetzungen unterschiedlicher Hierarchiestufen nach dem anonymisierten Bewerbungsverfahren durchgeführt.
Die Einhaltung der Anonymität wurde durch standardisierte Bewerbungsformulare, die individuell für jede Ausschreibung entwickelt wurden, gewährleistet. Im Zwischenbericht für Mannheim wurde festgehalten: „Während des Verfahrens war die durchgängige Meinung, dass dieses Verfahren das Stellenbesetzungsverfahren objektiver und transparenter gestaltet. Dies spiegelt sich zudem in den Rückmeldungen der Bewerbenden wider, die die Stadt Mannheim als innovative Arbeitgeberin wahrnehmen.“ Weiterhin „dass die Stellen im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren bisher zu 100% und auch zügiger besetzt werden konnten. Die Vorteile des anonymen Bewerbungsverfahrens lagen in der veränderten subjektiven Wahrnehmung und Außenwirkung. So wurde seitens der Fachverantwortlichen wahrgenommen, dass sich trotz der sinkenden Bewerberanzahl im Verhältnis gesehen mehr fachlich qualifizierte Bewerbende auf die jeweilige Stelle beworben haben.“ Auch der landesweite Abschlussbericht des Modellprojekts bescheinigte einen großen Erfolg.
Aufbauend auf diesen positiven Erfahrungen muss nun als nächster Schritt die endgültige Einführung anonymisierter Bewerbungen für alle städtischen Stellenausschreibungen folgen. Sie ist ein wichtiger Schritt, der sich äußerst positiv auf die Strategischen Ziele der Stadt „Toleranz leben“ und „Talente fördern“ auswirken kann.
Dokument
Ergebnis
Erledigt durch Stellungnahme der Verwaltung.
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